Stefan Schweyer | Helge Stadelmann | Philipp Bartholomä
Praktische Theologie. Ein Grundriss für Studium und Gemeinde
TVG, Gießen: Brunnen, 3., erweiterte und aktualisierte Auflage 2024
IBAN: 978-3-7655-9586-8, 594 Seiten, € 50.–
Die Autoren präsentieren einen Grundriss der Praktischen Theologe, der sich von anderen abhebt:
Im ersten Hauptteil werden die theoretischen und methodischen Grundlagen gelegt, im zweiten Hauptteil rückt der gesellschaftliche Kontext in den Fokus. Im dritten Hauptteil, der untergliedert ist in „Gemeinde aufbauen“, „Gemeinde sammeln“ und „Gemeinde senden“ wird überblicksartig und grundlegend in die einzelnen Teildisziplinen eingeführt, wobei einzelne Themen in „Aspekten“ exemplarisch vertieft werden.
Mit der 3. Auflage ist Philipp Bartholomä neu zum Autorenteam gestossen. Für die Neuauflage wurden rund die Hälfte der Kapitel gründlich überarbeitet und stellenweise deutlich erweitert. Besonders die Perspektiven zum missionarischen Gemeindeaufbau in einer nach-christentümlichen Gesellschaft werden nun ausführlicher reflektiert, neuere Ansätze einer kybernetisch orientierten Pastoraltheologie vertieft, sowie die gesellschaftlichen, kirchlichen und demografischen Entwicklungen aktualisiert.
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Die Dissertation von Dr. Simon Gisin ist erschienen:
Der Einfluss kontextueller Faktoren auf Gemeindegründungsarbeit.
Eine empirisch-theologische Studie.
Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 2024.
Es gibt zahlreiche Faktoren, die den „Erfolg“ von Gemeindegründungsprojekten beeinflussen, u. a. die Gemeindegründungspersonen mit ihren Kompetenzen und Begabungen, die Gemeindegründungsstrategie, der Kontext und über allem das nicht messbare Wirken Gottes. Simon Gisin hat sich vorgenommen, in seiner Dissertation den Kontextfaktor genauer unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, inwiefern kontextuelle Bedingungen ein Gemeindegründungsprojekt erschweren und begünstigen (siehe Einleitung Kap. 1 und Klärung der Forschungsfrage Kap. 2). Die Studie besticht insgesamt durch die Verbindung von präziser quantitativer und qualitativer empirischer Forschung mit theologischen Reflexionen.
In der bisherigen Literatur gibt es wohl Angaben zur Wirkung von Kontextfaktoren, diese sind jedoch selten empirisch gestützt, sondern stammen meist aus persönlicher Erfahrung, Beobachtung und Einschätzung der Autoren. Es überrascht daher auch nicht, dass teilweise gegenteilige Behauptungen aufgestellt wurden, so beispielsweise bei der These, ob eine schon vorhandene christliche Prägung sich positiv oder negativ auf Gemeindegründungsprojekte auswirke. Nichtsdestotrotz bilden die in der Literatur genannten Kontextfaktoren einen guten Ausgangspunkt für die Forschung. Gisin konnte Systematisierung aus der vorhandenen Literatur (Kap. 3) insgesamt 23 Hypothesen zum Lebensumfeld (z. B. Einkommen, Bevölkerungsentwicklung), zu Lebensphasen (z. B. Alter, Zivilstand) und zur Wahrnehmung des christlichen Glaubens (z. B. religiöse Entwicklung, christliche Prägung) ableiten.
In der Feldanalyse (Kap. 4) hat Gisin diese Hypothesen mittels einer quantitativen Vollerhebung aller Gemeindegründungsprojekte der deutschsprachigen Schweiz im Zeitraum von 1990 bis 2018 (insgesamt 117 Projekte) sowie qualitativen Experteninterviews geprüft. Bei zahlreichen Kontextfaktoren konnte entgegen manchen Aussagen in der Gemeindegründungsliteratur keine Wechselwirkungen mit der Entwicklung von Gemeindegründungsprojekten festgestellt werden (S. 264–265), beispielsweise bei der Ausländerquote, der Quote der Sozialhilfeempfänger, dem Einkommen, der Scheidungsrate, der konfessionellen Verteilung oder der Konfessionslosigkeit. Ein Einfluss zeigt sich jedoch beispielsweise bei den Faktoren der Arbeitslosigkeit und den Haushalten. Gemeindegründungsprojekte entwickelten sich rascher und erreichten mehr Personen in Gegenden mit höherer Arbeitslosigkeit und mit mehr Familien.
Die Beobachtungen aus den Fallstudien hat Gisin zum Anlass genommen, einige der brisanten theologischen Themen vertiefend zu diskutieren (Kap. 5), so den Zusammenhang zwischen Evangelisation und Gemeindegründung (Kap. 5.1), die Legitimität der Gemeindegründung (Kap. 5.2), die Berücksichtigung der Kontextfaktoren (Kap. 5.3) sowie die Entmythologisierung von Gemeindeaufbau-Mythen (Kap. 5.4). Innovativ ist der Ansatz, die Ekklesialität von Gemeindegründungsprojekten anhand der Grundvollzüge der Kirche (leiturgia, martyria, koinonia, diakonia) als „Gemeinde im Werden“ zu bestimmen (S. 294–299). Im Blick auf den Kontextfaktor der religiösen Prägung betont Gisin besonders die Berücksichtigung der bereits christlich geprägten Landschaft, so dass Gemeindegründungsprojekte sich nicht durch Abgrenzung von den bestehenden Gemeinden und Kirchen auszeichnen, sondern sich als Ergänzung verstehen (S. 309–316). Hinsichtlich der Kontextfaktoren spricht sich Gisin begründet dagegen aus, den Ort der Gemeindegründung in Abhängigkeit von kontextuellen Erfolgschancen zu wählen (S. 348–352). Kontextanalysen haben jedoch ihren Nutzen sehr wohl darin, dass sie helfen, die Lebenswelt der Menschen besser zu verstehen und die Gemeindegründungsarbeit kontextuell sensibel zu gestalten (S. 348–352).
Gisins Studie ist in mehrfacher Hinsicht anregend: Sie ist ein gutes Beispiel, wie ertragreich es ist, wenn empirische und theologische Forschung miteinander verzahnt wird. Sie entlarvt manche unbegründeten Aussagen, weshalb ein bestimmtes Gebiet einen „harten Boden“ für Gemeindegründung darstelle. Sie verweist auf relevante und nicht relevante Kontextfaktoren (zumindest für den deutschschweizerischen Kontext). Und sie bietet nicht zuletzt hilfreiche Eckdaten einer Gemeindegründungstheologie.
Wer hat Angst vor Mission? Landeskirchen? Freikirchen? – Je nach Kirchentyp werden mit Mission unterschiedliche Chancen und Befürchtungen verbunden.
Mein Beitrag dazu wurde jetzt im Tagungsband «Mission in Crisis» publiziert.
Beitrag auf academia.edu
Stefan Schweyer, «Mission as opportunity and threat. How the social type of church influences its attitude towards mission», in: Wrogemann, Henning/Kunz, Ralph (Hg.), Mission in Crisis. The Church’s Unfinished Homework (Mission und Kontext 5), Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2024, 193–208.
Die Umfrage der Freikirchen-Studie ist noch bis Ende April 2024 offen. Es hilft uns sehr, wenn Sie selbst mitmachen und die Umfrage in Ihrem gemeindlichen und persönlichen Umfeld bekannt machen.
Wie sieht der Gottesdienst der Zukunft aus? Was bedeutet die Digitalisierung für die Gottesdienstgestaltung? Was lernen wir aus Corona-Zeiten?
Freikirchen Schweiz hat dazu eine Online-Weiterbildung organisiert. Mein Referat steht hier als Videoaufnahme zur Verfügung, alternativ auch direkt auf Youtube.
Stefan Schweyer, Freikirchliche Gottesdienste. Empirische Analysen und theologische Reflexionen (Arbeiten zur Praktischen Theologie 80), Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2020.
Die Studie ist die leicht überarbeitete Habilitationsschrift, welche im Herbstsemester 2019 von der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg (Schweiz) angenommen wurde.
Gottesdienste in freikirchlichen Kontexten beruhen nicht auf schriftlichen Gottesdienstbüchern oder Agenden. Dennoch ist ihre Gestaltung nicht willkürlich. Diese qualitativ empirische Studie untersucht anhand ausgewählter freikirchlicher Gottesdienste der deutschsprachigen Schweiz deren impliziten Logiken und leitenden theologischen Motive. Dabei zeigt sich ein aufschlussreiches Zusammenspiel von Glaubensüberzeugung, Alltagsbezug, Allgemeinem Priestertum und Mission. Diese und weitere theologische Akzente werden diskutiert und in den ökumenisch-liturgiewissenschaftlichen Diskurs eingezeichnet. Die Studie leistet damit einen Beitrag für das Verständnis freikirchlicher Gottesdienstkultur, eröffnet Perspektiven für wechselseitige Lernprozesse und bietet Anregungen zu einer theologisch reflektierten Gottesdienstgestaltung.
Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Frage, wie die Eröffnung von Gottesdiensten nach dem Ende des coronalen Lockdowns theologisch eingeordnet werden kann. Die Brisanz der Fragestellung besteht darin, dass dafür ein Schutzkonzept erforderlich ist, das auch vorsieht, dass nicht allen Gemeindegliedern eine Teilnahme empfohlen werden kann. Ich will diese Frage in einen grösseren Horizont einbetten, indem ich die Spannung zwischen Universalität und Begrenztheit des Gottesdienstes produktiv lese als Anregung für einen entgrenzenden Gottesdienst.
Download des ganzen Papers via freikirchen.ch